Nicht beglichene Rechnungen der Pflegeheime beim BA

13.09.2023 – Große Anfrage 0780/XXI

Treffen Presseberichte zu, dass es beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg nicht bzw. nicht im angemessenen Zeitraum beglichene Rechnungen von Pflegeheimen gibt?

Die Presseberichte über den Pflegenotstand und die ·hohen finanziellen Außenstände der stationären Pflegeeinrichtungen korrespondieren mit den Presseberichten über die mangelhafte Personalausstattung der Bezirksämter, die alle Leistungsbereiche wie auch das Amt für Soziales besonders hart trifft.

Zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben müssen in den betroffenen Fachbereichen auch die hierfür erforderlichen Mitarbeiter vorhanden sein. Im Fachbereich „Hilfe zur Pflege“ gibt es viele offene Stellen, die aufgrund des Fachkräftemangels im Verwaltungsbereich bedauerlicherweise nicht schnell zu besetzen sind.

Die Nachbesetzung der Stellen wird jedoch intensiv vorangetrieben. Das hohe Antragsvolumen von rund 650 Neuanträgen jährlich neben einem laufenden Fallbestand von rund 1.000 Fällen kann dadurch allerdings nicht immer zeitnah bewältigt werden.

Für den laufenden Fallbestand werden monatlich die bewilligten Leistungen im Voraus an die Einrichtungen überwiesen. Insofern treffen die Presseberichte nur teilweise – nämlich für die Neuanträge – zu.

Gleichzeitig ist aber anzumerken, dass die schriftliche Bitte an den „Bundesverband Ambulante Dienste und ·Stationäre Einrichtungen (bad) e.V.“ mit Schreiben vom 24.08.2023, also bereits einen Tag nach der entsprechenden Berichterstattung bisher unbeantwortet geblieben ist. Der Verband wurde gebeten, die konkreten Einzelfälle zu übermitteln, welche die Grundlage seiner Schätzung und der Presseberichterstattung darstellen, denn eine Prüfung ist für das Amt nur anhand einzelner Anträge möglich.

Welche Einrichtungen in sind betroffen?

Die erbetene – jedoch noch nicht vorliegende – Aufstellung würde diesbezügliche Rückschlüsse ermöglichen. Das Amt für Soziales verfügt nicht über eine digitale Datenbank. Personalkapazitäten für eine „händische“ Auswertung stehen nicht zur Verfügung. Eine Beantwortung dieser Frage ist daher bei Vielzahl im Land Berlin bestehenden Pflegeinrichtungen nicht möglich.

Wie hoch ist der Rückstand gegenüber den einzelnen Einrichtungen?

Hierzu kann vom zuständigen Fachbereich Hilfe zur Pflege im Amt für Soziales keine Aussage getroffen werden. Hierzu wäre eine Einzelfallprüfung – so wie sie das Amt für Soziales dem „Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (bad) e.V.“ umgehend angeboten hat – erforderlich.

Die jeweiligen individuellen Leistungsansprüche des berechtigten Personenkreises sind einkommens- und vermögensabhängig.

Hinzu kommt, dass ca. 30 % der Neuanträge wegen fehlender Anspruchsvoraussetzung abgelehnt werden, weil die Heim- und Pflegekosten aus eigenem Einkommen· und Vermögen bestritten werden können. Der jeweilige finanzielle Rückstand kann daher nur von den Einrichtungen selbst beziffert werden.

Was tut das Bezirksamt, um die Pflegeeinrichtungen vor finanziellen Engpässen zu bewahren?

Das Amt für Soziales hat nur anteilig Einfluss auf die Situation der Pflegeeinrichtungen im Land Berlin. Im Regelfall müssen die Pflegebedürftigen ihr Einkommen und Vermögen zur Deckung der Kosten einsetzen.

Des Weiteren wird ein Teil über die Pflegeversicherung finanziert. Sollte dies nicht · kostendeckend sein, können Leistungen nach dem SGB XII beantragt werden, die entsprechenden Anträge sind dann durch den zuständigen Fachbereich zur prüfen und zu bescheiden.

Der Fachbereich Hilfe zur Pflege im Amt für Soziales hat in der Vergangenheit verschiedene personelle und organisatorische Maßnahmen eingeleitet, die auch grundsätzlich zu einer Verbesserung der Bearbeitungssituation geführt haben. Das Amt ist durch fortlaufende Stellenbesetzungsverfahren bemüht, die vakanten Arbeitsgebiete möglichst schnell zu besetzen. Weiterhin hat der Fachbereich durch Umsetzung von Personal und Aufgabenverlagerung innerhalb des Fachbereiches (temporär) im vergangenen Jahr für Entlastung der betroffenen Mitarbeiterinnen gesorgt. Trotzdem kann der chronischen Unterbesetzung – auch mit hohem Engagement und Motivation der anwesenden Mitarbeiterinnen – nur bedingt entgegengewirkt werden.

Wie lange sind die Bearbeitungszeiten je Vorgang?

Unter Hinweis auf die Antwort zu den Fragen 1 und 4 liegen die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten zwischen 9 und 12 Monaten.

Welche Hindernisse gibt es für kürzere Bearbeitungszeiten?

Das Ziel einer Bearbeitungszeit von 3 bis 4 Monaten kann erreicht werden, wenn alle im Stellenplan vorhandenen Stellen besetzt sind, die Einarbeitung in die komplexe Sach- und Rechtslage abgeschlossen ist und die Rückstandsbearbeitung abgeschlossen werden kann.

Häufig führt aber auch die Verzögerung der Mitwirkung der Betroffenen zusätzlich zu längeren Bearbeitungszeiten.

Inwieweit ist der Prozess digitalisiert?

Das Amt für Soziales nutzt für die Zahlbarmachung die Fachsoftware OpenProsoz. Ansonsten wird alles in Papierform bearbeitet.

Gibt es Fälle von drohender Insolvenz von Pflegeeinrichtungen, weil die Rechnungen der Einrichtungen durch das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg nicht bzw. nicht in angemessener Zeit beglichen wurden?

Hierzu liegen dem Fachbereich keine validen Informationen vor. Des Weiteren ist anzumerken, dass zuständigkeitsbegründend nicht der Standort des Pflegeheims ist, sondern · der davor bestandene Wohnsitz ist. Die Bearbeitungsrückstände in einem einzelnen Bezirk können daher grundsätzlich alle Pflegeheime im Land Berlin betreffen.